Japanische Sägen sägen besser?

In aller Kürze

Japansägen beeindrucken mit ihrer herausragenden Schnittqualität und Präzision. Sie ermöglichen feine Schnitte, die sich schnell und mühelos ausführen lassen. Unter den vielen Japansägen-Typen ist die Ryoba als Einstiegswerkzeug gut geeeignet, da sie am vielseitigsten einsetzbar ist und sowohl Längs-, Quer- als auch Tiefschnitte ermöglicht. Allerdings erfordert die Nutzung von Japansägen etwas Übung. Unserer Meinung nach überwiegen die Vorteile der Japansägen im Vergleich zu ihren westlichen Pendants, was sie zu einer wertvollen Ergänzung für jede Werkstatt macht.

Inhaltsverzeichnis

Japansägen sägen besser
Bild: Japansägen sägen besser

Die Faszination für japanische Handwerkzeuge hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Insbesondere japanische Sägen haben einen Ruf erlangt, der für höchste Präzision und Schnittgüte steht. Doch was hat es mit den vielen unterschiedlichen Typen auf sich und wie unterscheiden sich japanische Sägen von ihren westlichen Pendants?  Sind sie tatsächlich besser? In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die faszinierende Welt der japanischen Handsägen.

Generelle Vorzüge von Japansägen

Im Gegensatz zu westlichen Sägen, arbeiten japanische Sägen (japanisch: nokogiri) auf Zug, also indem man sie zu sich hin zieht und nicht von sich wegschiebt. Angeblich sei das durch die überwiegend sitzende Tätigkeit der Holzhandwerker im alten Japan begründet. Eine Säge zu ziehen sei in dieser Haltung ergonomischer, als damit eine Schubbewegung auszuüben.

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Bild: Wikipedia, Public Domain Lizenz

Dadurch ergibt sich ein Hauptvorteil der Japansägen: das Sägeblatt kann aus sehr dünnem und sprödem Stahl ausgeführt werden (0,2 bis 0,6 mm), da es nicht die Biegefestigkeit für eine Druckbelastung aufweisen muss. Daraus resultieren beeindruckend exakte, feine und schnelle Schnitte mit einer sehr schmalen Schnittfuge. All dies bei vergleichsweise geringem Kraftaufwand.

Oga – die große Säge

Bevor es Sägewerke in Japan gab, war eine verbreitet Japansägen die sog. Oga. Eine große Zwei-Mann-Säge, die Ähnlichkeiten zu unserer heutigen Gestellsäge hat. Sie wurde zum auftrennen von Holzstämmen verwendet. Später gesellten sich kleinere, wenn auch immer noch recht stattliche, Auftrennsägen hinzu.

Bild Oga Japansäge
Maebiki Japansäge
Alte Maebiki-Nokogiri Säge

davon ist z. B. die Maebiki-Nokogiri (auch „Whaleback Saw“ genannt) heute noch im gebrauchten Zustand vorzufinden. Maebikis können durchaus eine stattliche Länge von ca. 80 cm aufweisen. Sie werden von einer Person mit zwei Händen verwendet. Die Zähne werden zum Griff hin kleiner.

Ebenfalls für eher gröbere Auftrenn- oder Fäll-Arbeiten an Baumstämmen, ist die Temagori Nokogiri geeignet, die heute noch als Neuware erhältlich ist.

Die Japansägen-Promis

Die in der westlichen Welt bekanntesten japanische Sägen dürften die Ryoba-Nokogiri, die Kataba-Nokogiri und die Dozuki-Nokogiri sein. Dabei sind Ryoba-Sägen zweiseitig verzahnt, Kataba- und Dozuki-Sägen haben hingegen nur eine verzahne Seite. Daneben gibt es noch einige weniger bekannte Untervarianten wie z.B. die Azebiki-Nokogiri oder die Kugihiki-Säge. Schaun wir uns diese Sägen nun etwas genauer an:

Ryoba

Die Ryoba-Säge ist die vielseitigste Variante unter den japanischen Sägen. Dank ihrer doppelseitigen Verzahnung ist sie gleichermaßen für Längs- und Querschnitte optimal geeignet. Da sie keinen Sägerücken besitzt, eignet sie sich auch für tiefe  Schnitte, z.B. zum präzisen Auftrennen von Holzbohlen. 

Eine besondere Variante dieses Sägetyps ist die Ryoba Arashi, bei der die Verzahnung mit Spanlücken unterbrochen ist. Damit wird insbesondere bei feuchtem Holz der Abtransport der Späne begünstigt.

Japansäge Ryoba
Ryoba Japansäge

Kataba 

Sie ist eine einseitig verzahnte Säge. Wegen des fehlenden Sägerückens eignet sie sich bevorzugt für große und tiefe Schnitte quer zur Faser. Es gibt jedoch auch Varianten für Längsschnitte.

Bei manchen Katabas – wie auch bei anderen Typen – nimmt die Größe der Sägezähne zum Griff hin ab. Somit wird der Beginn des Sägens – das anfängliche „Ansägen“des Holzes – erleichtert.

Japansäge Kataba
Kataba

Dozuki

Sie ist ebenfalls eine einseitig verzahnte Säge mit einem sehr dünnen Sägeblatt (mitunter nur 0,2 mm) und einem Sägerücken und somit einer begrenzten Schnitttiefe. Wenn man so möchte, das japanische Pendat zur unserer westlichen feinen Schreinersäge. Die Zähne sind oftmals nur leicht geschränkt und durch den Rücken wird das dünne Sägeblatt stabilisiert, die Säge lässt sich somit leichter führen. Daher ist die Dozuki prädestiniert für sehr feine Arbeiten, wie das Sägen von Zinkenverbindungen und Zapfen. 

Dozukis sind oftmals mit einer universellen Verzahnung versehen, die sowohl für Quer- als auch für Längsschnitte geeignet ist.

Japansäge Dozuki
Dozuki

Kugihiki-Sägen

Eine Sägen, die speziell für das bündige Kappen von Dübeln, Zapfen oder Holznägeln entwickelt wurde. Das schmale Blatt ist beidseitig verzahnt und nicht geschränkt. Da es zudem dünn und flexibel ist, kann es unter einer leichten Biegung lückenlos auf der Holzfläche angelegt  werden und z.B. ein herausstehender Dübel bündig zur Fläche abgesägt werden, ohne die Holzfläche zu beschädigen. 

Bild Kugihiki Säge
Japansäge Kugihiki

Seltenere Typen

Kamoehiki-Nokogiri

  • Eine traditionelle Kataba-Variante mit einem kurzen und breiten Sägeblatt, mit der tiefe Nuten in Balken gesägt wurden.

Hosobiki-Nokogiri

  • Eine kleine Variante der Dozuki mit gleichmäßiger Zahnteilung für präzise Längsschnitte. 

Mawashibiki-Nokogiri

  • Eine schmale Stich- bzw. Lochsäge für kurvige Schnitte.

Azebiki-Nokogiri

  • Eine Ryoba-ähnliche Säge, mit einem kurzem und bauchigem Sägeblatt. Die Azebiki eignet sich besonders für Einschnitte im flächigen Holz (Einstiche).

Anahiki-Nokogiri

  • Eine große, Kataba- oder Ryoba-ähnliche Säge mit bauchigem Sägeblatt für grobe Querschnitte.

Osaehiki-Nokogiri

  • Spezialsäge zum Einsägen der Hobeleisen-Nuten in Hobelkästen

Verzahnung

Je nach Einsatzzweck der Japansäge unterscheidet man folgende Zahnformen:

  • Längs- oder Querschnittverzahnung, sowie ein Mix daraus, auch „Universalverzahnung“ genannt
  • Weich- oder Hartholzverzahnung

Die Zähne sind oft impulsgehärtet, was ihrer Standzeit zugute kommt. Es macht das Nachschärfen allerdings zur Herausforderung bzw. – bei feinen Teilungen – praktisch zur Unmöglichkeit. Andererseits sind viele japanische Sägen für den einfachen und schnellen Blattwechsel konzipiert.

Die Zahnteilung wird von Zahnspitze zu Zahnspitze in Millimeter oder in TPI (teeth per inch) angegeben und bezieht sich üblicherweise auf das Maß im mittleren Bereich der Säge (bei Längsschnittsägen wird die Teilung zum Griff hin kleiner). In der Regel erzeugt eine kleinere Zahnteilung einen feineren Schnitt, eine größere Teilung gestattet hingegen einen schnelleren Schritt.

Die Längsschnitt-Verzahnung ähnelt dabei der dreiecksförmigen Verzahnung westlicher Sägen. Für den Schnitt in Hartholz stehe die Zähne dabei etwas senkrechter als für Weichholz. Hochwertige Längsschnittsägen haben zum Griff hin kleinere Zähne bei einem geringeren Zahnabstand.

Bild Verzahnung für Längsschnitt

Querschnittsägen weisen eine trapezförmige Verzahnung auf. Drei Zahnflanken sind jeweils wechselseitig angeschliffen. Im Bild sieht man die bläuliche Verfärbung der Zahnspitzen, die auf eine Impulshärtung schließen lässt. 

Eher seltener ist die sog. „ikeda-me“ Zahnanordnung, bei der zwischen den „normalen“ Trapezzähnen in regelmäßigen Abständen Räumzähne integriert sind um noch effektivere Schnitte zu ermöglichen.

Bild Querverzahnung Japansäge

Der Griff

Traditionelle Sägen haben einen Griffe aus massivem Weichholz, wie beispielsweise Paulowina oder japanischer Zeder. Bei industriell gefertigten Sägen ist der Griff häufig mit Rattan umwickelt, was nicht nur passend aussieht, sonder auch ein gute Haptik bietet. Vermehrt werden Japansägen auch mit gummierten Griffen oder Kunststoffgriffen angeboten; letztendlich eine Frage des persönlichen Geschmacks.

Bild Japansäge mit Rattangriff
Kleine Dozuki mit Rattan-Griff

Und? Sägen sie besser?

Wie so oft im Leben, wo viel Licht ist, gibt es auch Schatten. Aber kommen wir zuerst zum Licht und das ist bei japanischen Sägen hell wie die Sonne.

Die Schnittqualität und die erzielbare Präzision, die einem eine gute Japansäge ermöglichen, sind enorm beeindruckend. Darüber hinaus ist das Sägen mit wenig Kraft verbunden und die Schnitte gehen einem schnell „von der Hand“. Mit einer Ryoba ist man als Erstausstattung erstmal gut bedient und kann sowohl längs, quer als auch tief sägen. Uns haben es die japanischen Sägeblätter derart angetan, dass wir sie selbst in der Gehrungssäge und in der Gestellsäge verwenden.

Zugegebenermaßen braucht es aber etwas Übung, um das volle Potential der Sägen aus dem Land der aufgehenden Sonne auszuschöpfen. Als Neuling kann es passieren, dass man „aus alter Gewohnheit“ auf Schub sägen möchte, was dazu führen kann, dass das dünne Sägeblatt abknickt. Dies ist in der Regel irreparabel und das Blatt sollte ausgetauscht werden. Ein Austausch des Blattes ist meistens auch notwendig, wenn die Schärfe der Säge nachläßt. Das manuelle Schärfen von Sägeblättern ist zwar auch bei westlichen Sägen nicht trivial, aber bei Japansägen ist es aufgrund der Materialhärte und der Zahngeometrie sehr schwierig und meist auch nicht wirtschaftlich.

Unterm Strich überwiegen aus unserer Sicht die Vorteile der Japansägen gegenüber unserer westlichen Pendants. 

Unser Fazit lautet daher: ja, sie sägen besser! 

Quellenangabe: 
„Die Werkzeuge des japanischen Schreiners“ von Toshio Odate, Wikkipedia, sowie Angaben diverse Hersteller und Anbieter japanischer Werkzeuge und natürlich unsere eigenen Erfahrungen.